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Too big to fail oder too bad to pay?
Bonus oder Nichtbonus – Das ist hier die Frage.

Im Zusammenhang mit dem Untergang der Traditionsbank Credit Suisse gibt es aktuell viele offene Fragen. Eine Frage, die mich und viele andere aber besonders interessiert, ist: warum wurden der Geschäftsleitung in den letzten Jahren Boni ausbezahlt, obwohl die Bank Verluste schrieb? Dazu gibt es vermutlich eine ganz einfache Antwort. 

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Das Ende einer Traditionsbank - Vertrauensverlust führte zum Bankenrun

Am 19. März 2023 verkündet Bundesrätin Karin Keller-Sutter in einer ausserordentlichen Pressekonferenz und unter Berufung des Notrechts des Bundes die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und somit das Ende des

Traditionshauses aus Zürich. In der Presse sowie in vielen Politsendungen üben sich die Politiker von links nach rechts und Experten in scharfer Kritik. Bei der Analyse der Ursachen werden dann leider aber oft Begriffe miteinander verwechselt, so z.B. Eigenkapital und Liquidität. Die Credit Suisse musste gerettet werden, weil sie am Schluss illiquide war, dies obwohl sie genügend Eigenkapital aufwies. Sie war illiquide, weil ein sogenannter Bankenrun einsetzte, d.h. die Kunden der Bank haben in kürzester Zeit ihre Guthaben abgezogen. Die Ursache dafür war ein signifikanter Vertrauensverlust. Ein Vertrauensverlust, der sich über Jahre stetig aufbaute und am Ende exponentiell anstieg. 

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Ein hervorragender Frühindikator für diesen Vertrauensverlust war die Entwicklung des Aktienkurses der Credit Suisse. Investoren analysieren sehr genau in welche Unternehmen sie investieren oder eben nicht. Mit anderen Worten: glauben Investoren nicht daran, dass die Firmenlenker, das Unternehmen in Zukunft positiv entwickeln können, investieren sie nicht in das Unternehmen und falls sie investiert sind, verkaufen sie ihre Beteiligung.

Der Aktienkurs wiederspiegelt die Einschätzung der überwiegenden Mehrheit des Marktes und eignet sich deshalb als zuverlässiger Indikator. Im Falle der Credit Suisse war dies ein Untergang mit Ansage. Der Aktienkurs sank in den letzten knapp 20 Jahren von rund 80 Franken auf rund 80 Rappen: Totalverlust! 

Unternehmenswerte 

In der Bankenbranche ist Vertrauen das höchste Gut. Es versteht sich also von selbst, dass Vertrauen der wichtigste Unternehmenswert sein dürfte. 

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Schaut man sich die auf der Webseite der CS publizierten Unternehmenswerte an, dann findet man tatsächlich einen solchen Wert, siehe Abbildung. Aber: dieser Wert ist nach Innen orientiert! Er bezieht sich auf die Mitarbeitenden und nicht auf den Anspruch der Kunden. Daneben findet man dann noch den Unternehmenswert Kundenfokus, der meiner Meinung nach, wenig mit den Interessen der Kunden zu tun hat. Was aber hat zum Vertrauensverlust geführt? In den letzten Jahren gab es einige kleinere bis grössere Skandale wie z.B. Pleiten von Fonds, Probleme mit dem Geldwäschereigesetz, Korruptionsfälle, Beihilfe zur Steuerhinterziehung in den USA, Fehlverhalten von Unternehmenslenkern, Verluste in der Erfolgsrechnung usw. 

Die Credit Suisse, wie übrigens die allermeisten Firmen, die betriebswirtschaftlich geführt werden, basiert oder besser gesagt, basierte auch auf dem Leistungsprinzip und damit sind wir am Kern der Fragestellung angelangt. Es wird nach Spitzenleistung gestrebt und hervorragende Leistungen sollen anerkannt werden. Daran ist per se nichts Falsches. Es stellt sich nur die Frage, was genau unter Spitzenleistung verstanden wird und in welchem Fall, diese Spitzenleistung mit einem Bonus zusätzlich honoriert werden soll.
 

Die Definition der Unternehmenswerte liegt in der Verantwortung der obersten Unternehmensführung. Konkret meine ich den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung. Im Fachjargon der Unternehmensorganisation spricht man von der normativen Ebene. Auf dieser Ebene werden ebenfalls die Strategie und die Unternehmensorganisation (Struktur) definiert. 
Diese auf der normativen Ebene definierten Unternehmenswerte dienen später als Basis für die Konzeption des Ziel- und Bonusmodells. 

Das Zielmodell 

Das Zielmodell spielt eine entscheidende Rolle in der Steuerung des Unternehmens und kann grosse finanzielle Auswirkungen haben, wie wir das im Falle der Credit Suisse gesehen haben. 

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Bei der Konzeption des Zielmodells ist es wichtig, die drei Eckpunkte Inhalt & Struktur, Prozesse & Tools und Führungskultur & Verantwortung umfassend zu definieren und konsistent mit den Vorgaben aus der normativen Ebene zu gestalten. Aber: die Konzeption ist das eine. Die Implementierung und die korrekte Umsetzung ist das andere. Erfolgreiche Unternehmen achten auf eine stringente und glaubwürdige Umsetzung des Modells. Der Verwaltungsrat muss das Ziel- und Bonusmodell für die Geschäftsleitung genehmigen. Er ist also dafür verantwortlich, wenn ungerechtfertigte Boni an die Geschäftsleitung ausbezahlt werden. Das Entscheidungsgremium für die Vergütungen an den Verwaltungsrat ist das Aktionariat. D.h. auch die Aktionäre haben hier eine Verantwortung, die sie nicht delegieren können. 

Bonus trotz Unternehmensverlust? 

Was nun die Gründe für die Millionen-Boni der Geschäftsleitung trotz Unternehmensverlust waren, bleibt aktuell ein Rätsel. Entweder wurden schlichtweg falsche Ziele gesetzt oder das eigene Zielkonzept wurde missachtet und übergangen. Rational ist es nicht nachvollziehbar, dass eine Geschäftsleitung, welche per Definition ganz klar für das Ergebnis des Unternehmens die Hauptverantwortung trägt (deshalb ist ja auch die Basisvergütung auch schon entsprechend hoch), in den Genuss von Bonuszahlungen kommt.  
Erinnern wir uns nochmals an den Unternehmenswert Leistungsprinzip der Credit Suisse:  

- Nach Spitzenleistungen streben 
- Hervorragende Leistungen anerkennen  


Wenn das Unternehmensergebnis negativ ist, kann man wohl kaum von einer Spitzenleistung sprechen. Deshalb beantworte ich meine Titelfrage gleich so: too bad to pay! Wie kommt es also trotzdem zu Bonuszahlungen an die Geschäftsleitung? Haben wir es mit einem systemischen Fehler oder mit einer gierigen Kultur zu tun? Vermutlich etwas von beidem.

Bleibt zu hoffen, dass die verantwortlichen Verwaltungsräte und Mitglieder der Geschäftsleitung, nun echte Verantwortung übernehmen und ungerechtfertigte Boni anstandslos zurückzahlen. 


Als liberal und eigenverantwortlich denkender Mensch bin ich der Auffassung, dass es keine gesetzlichen Verbote von Boni  braucht, wie das jetzt wieder von einigen PolitikerInnen gefordert wird. Es braucht in den Unternehmen eher eine intensive und ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Werten, authentische Führungskräfte mit weitsichtigem und verantwortungsvollem Handeln, ausgewogene Zielmodelle mit den richtigen Zielen und eine massvolle Bonuskultur.  

Letztlich ist es aber auch von entscheidender Bedeutung, dass Aktionäre an einer GV nicht einfach alles durchwinken, sondern ihre Verantwortung als oberstes Gremium einer Aktiengesellschaft ernsthaft wahrnehmen. Ansonsten wird der Moment kommen, in welchem die nächste Bank vom Staat gerettet werden muss. 

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